Anpassung gemeindlicher Kirchenbaulasten. Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 2.2.2015 (1 VB 48/14)

(1) Die in Art. 5 LV in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 138 Abs. 2 WRV enthaltene Kirchengutsgarantie ist ein Grundrecht, durch welches das Recht der Religionsgemeinschaften auf ungestörte Religionsausübung aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und das Selbstbestimmung...

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Bibliographic Details
Corporate Author: Baden-Württemberg, Staatsgerichtshof (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
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Published: De Gruyter 2019
In: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946
Year: 2019, Volume: 65, Pages: 90-111
Online Access: Volltext (Verlag)
Description
Summary:(1) Die in Art. 5 LV in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 138 Abs. 2 WRV enthaltene Kirchengutsgarantie ist ein Grundrecht, durch welches das Recht der Religionsgemeinschaften auf ungestörte Religionsausübung aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften aus Art. 4 und 5 LV in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV verstärkt und konkretisiert wird. (2) Die Kirchengutsgarantie gewährleistet kirchliche Vermögensrechte in ihrem Bestand und nach Maßgabe ihrer vorhandenen rechtlichen Qualitäten. Daher kann eine vertraglich begründete kommunale Kirchenbaulast bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse grundsätzlich der Anpassung nach § 60 LVwVfG unterliegen. (3) Bei einer gerichtlichen Auslegung, die eine dem einfachen Recht entstammende Kirchenbaulast in einem für die betreffende Religionsgemeinschaft ungünstigen Sinne versteht, kommt eine Verletzung der Kirchengutsgarantie in Betracht, wenn eine durch die vorgesehene Auslegung bewirkte Beeinträch tigung des Zwecks der Kirchengutsgarantie, nämlich der Schutz der materiellen Grundlagen der Ausübung der Religionsfreiheit und des Selbst bestimmungsrechts der Religionsgemeinschaft, nicht hinreichend berücksichtigt wird (hier verneint). (4) Die in Art. 7 Abs. 1 LV dem Grunde nach enthaltene Gewährleistung der dauernden Verpflichtungen des Staates zu wiederkehrenden Leistungen an die Kirchen ist ebenfalls ein von der Landesverfassung geschütztes Recht, dessen Verletzung mit der Landesverfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann. (5) Auch die in Art. 7 Abs. 1 LV enthaltene Gewährleistung bezieht sich nur auf Rechtstitel, die von der Verfassung vorausgesetzt werden und einfachrechtlich nach Art. 7 Abs. 2 und 3 LV in Grenzen gestaltbar sind. Soweit für diese Titel keine besonderen Bestimmungen vorhanden sind, können sie den allgemein für sie geltenden Regeln folgen. Teil des rechtlichen Bestands einer vertraglich ausgestalteten Verpflichtung sind die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 60 LVwVfG.
ISBN:3110582155
Contains:Enthalten in: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946
Persistent identifiers:DOI: 10.1515/9783110582154